Hintergründe

Die Weimarer Klassik: Das Streben nach Harmonie

Weimarer Klassik "Der Weimarer Musenhof" von Theobald von Oer

Die Weimarer Klassik gilt als Blütezeit der deutschen Literatur. Warum das so ist, welche Merkmale für diese Literaturepoche typisch sind und warum die Romantik die klassischen Ideale ablehnte, lest ihr hier.

Weimarer Klassik: von der Romantik abgelehnt

Da es bei literarischen Texten wichtig ist, sie in ihren zeitgeschichtlichen Kontext einzubetten, kommen wir im Podcast immer wieder auf die Epoche der Romantik zu sprechen. Um die Gedankenwelt dieser Literaturepoche zu verstehen, ist es wichtig, sich auch ihr Umfeld anzusehen. Denn eine Epoche steht niemals für sich allein, sondern wird von anderen Epochen und literarischen Strömungen beeinflusst. So lässt sich anhand des Welt- und Menschenbildes der Romantik klar erkennen, dass sie sich als Gegenbewegung zur Aufklärung verstand und sich in ihren Themen und Merkmalen deutlich von dieser Epoche abheben wollte.

Doch die Romantik war nicht nur eine Gegenbewegung zur Aufklärung. Sie lehnte auch die Weimarer Klassik ab. Warum das so ist, was die Weimarer Klassik ausmacht und welche bedeutenden deutschen Dichter diese Zeit prägten, schauen wir uns hier genauer an.

„Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.“

Johann Wolfgang von Goethe, „Das Göttliche“, 1783

Definition: die Weimarer Klassik

Der Begriff „Klassik“ ist uns heute noch geläufig. Wir verwenden ihn für Dinge, die eine zeitlose Gültigkeit besitzen. So sprechen wir von einer „klassischen Schönheit“, Klassikern der Musik- oder Filmgeschichte oder von Klassikern der Literatur. Genau das taten auch die Vertreter und Vertreterinnen der Weimarer Klassik: Sie orientierten sich an antiken Dichtern und Idealen. Auf den ersten Blick scheint der Ursprung des Begriffs „Klassik“ jedoch nichts mit unser Vorstellung zu tun zu haben: Das lateinische Wort „classicus“ bezeichnete im römischen Steuerrecht Menschen der höchsten Steuerklasse. Tatsächlich weist diese Bezeichnung aber bereits auf die hohen Ansprüche hin, die die Literatur der Weimarer Klassik an die Dichterinnen und Dichter aber auch an die Leserinnen und Leser sowie das Menschenbild im Allgemeinen hatte.

Für die Literaturepoche Weimarer Klassik gibt es zwei unterschiedliche Definitionen. Die erste Definition bezieht sich auf die vier wichtigsten literarischen Persönlichkeiten des Kulturraums Weimar und Jena, das sogenannte Viergestirn Christoph Martin Wieland, Johann Wolfgang von Goethe, Johann Gottfried Herder und Friedrich Schiller. Demnach beginnt die Epoche 1786 mit Goethes Italienreise und endet 1832 mit Goethes Tod. Da es eine besondere Freundschaft sowie Übereinstimmungen in ihrem Wirken aber vor allem zwischen Goethe und Schiller gab, umfasst die zweite Definition der Weimarer Klassik die etwa elfjährige gemeinsame Schaffenszeit der Dichterfreunde. Sie prägten die Epoche der Weimarer Klassik auf besondere Weise. Aus diesem Grund wird die Weimarer Klassik auch auf den Zeitraum von 1794 bis zu Schillers Tod 1805 datiert.

Historischer Hintergrund

Wie alle Epochen so ist auch die Weimarer Klassik in ihrer Ausrichtung durch die historischen Ereignisse ihrer Zeit geprägt. Das bedeutendste dieser historischen Ereignisse war die Französische Revolution im Jahr 1789. Sie vollzog sich in drei Phasen, die insgesamt ein Jahrzehnt überdauerten. Ihre Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit waren die Leitgedanken der Zeit. Die von Gewalt geprägte Herrschaft der Jakobiner in Frankreich enttäuschte diese Ideen ebenso wie die aufklärerischen Tugenden von Humanismus und Toleranz.

Die Jakobiner-Herrschaft

Die Jakobiner-Herrschaft fällt in die zweite Phase der Französischen Revolution (1793 – 1794) und wird auch als „La Terreur“ bezeichnet, die Schreckensherrschaft. Sie erklärt, warum das Streben nach Harmonie und Menschlichkeit in der Weimarer Klassik so ausgeprägt war. Ganz im Sinne der Revolutionäre war es das oberste Ziel der Jakobiner, die Monarchie abzuschaffen. Ihre ursprünglich demokratische Einstellung, mit der sie sich für soziale Gerechtigkeit und Gleichheit einsetzten, schlug unter der Führung von Robespierre und seinen Anhängern jedoch in eine Diktatur um.

Am 17. September 1793 verabschiedete der Konvent das „loi des suspects“, also das „Gesetz über die Verdächtigung“. Es ermöglichte die unbegrenzte Inhaftierung aller antirevolutionären Verdächtigten und hatte zur Folge, dass das Denunziantentum stark zunahm und bald jeder und jede fürchten musste, verhaftet zu werden. Gleichzeitig nutzte Robespierere das Revolutionstribunal, um seine politischen Gegner gezielt auszuschalten und all jene, die sich gegen ihn, die Jakobiner und die Revolution stellten, hinrichten zu lassen. Seinen Höhepunkt erreichte die Schreckensherrschaft der Jakobiner am 10. Juni 1794 mit dem von Robespierre persönlich entworfenen „Prairial-Gesetz“, das auch als Schreckensgesetz bezeichnet wurde. Es erleichterte die Verurteilung von Revolutionsgegnern und -gegnerinnen, indem es den Angeklagten eine Verteidigung verweigerte und das Urteil nur noch auf „Freispruch oder Tod“ lauten konnte. Das Gesetz bestand keine zwei Monate, doch in dieser Zeit wurden allein in der Hauptstadt Paris fast 1.400 Menschen hingerichtet.

Weitere Auswirkungen der Aufklärung

Die Französische Revolution und ihre Folgen beschränkten sich nicht allein auf Frankreich. Die Revolution hatte das gesamte politische System Europas erschüttert, überall herrschte politische Instabilität. Prägende Ereignisse waren unter anderem die Erhebung gegen das Hause Habsburg und die Bauernaufstände in Spanien. Der Wiener Kongress in den Jahren 1814/15 wollte die alte Ordnung wieder herstellen und verursachte weitreichende Veränderungen der europäischen Landesgrenzen. Neue Grenzen wurden festgelegt, neue Staaten entstanden. All diese Entwicklungen führten zu einem verstärkten Bedürfnis nach Harmonie und Ausgeglichenheit in politisch wie gesellschaftlich unruhigen Zeiten.

Themen der Klassik

Die Weimarer Klassik war ein Versuch, sich wieder auf Harmonie und Menschlichkeit zu besinnen. Dazu führte sie zwei sehr gegensätzlichen Denkweisen, die das 18. Jahrhundert prägten, zusammen: die vernunftbetonte Aufklärung (1720 – 1790) und die gefühlsbetonte Strömung des Sturm und Drang (1765 – 1790).

Einerseits schloss die Klassik mit Werten wie Toleranz und Gleichheit an die Ideale der Aufklärung an. Andererseits legte sie den rebellischen Charakter des Sturm und Drang ab. Wo die Stürmer und Dränger gegen ihre Vätergeneration rebelliert und die Entfaltung des Individuums in den Mittelpunkt gestellt hatten, orientierte sich die Klassik an antiken Vorbildern, um die perfekte Balance zwischen Gefühl und Verstand zu finden. Die Ich-Bezogenheit des Sturm und Drang lehnte die Weimarer Klassik ab.

Die Themen der Weimarer Klassik sind:

  • Rückbesinnung auf die Antike
  • Toleranz, Humanität und Vollkommenheit
  • Selbstbestimmung
  • Streben nach Harmonie und Schönheit
  • Balance zwischen Kunst und Wissenschaft

Abgesehen von ihrer Hinwendung zur Antike wählte die Klassik mit Idealen wie Toleranz, Humanität und Harmonie menschlich-ethische Werte, die „über allen Einfluss der Zeiten erhaben“ sind und damit durch Zeitlosigkeit, also Klassik, gekennzeichnet sind.

Die Epoche der Romantik (1795 – 1848) entwickelte sich als Gegenbewegung zur Weimarer Klassik. Sie kritisierte die Hinwendung zur Antike, denn ihr ging es darum, sich Themen aus ihrer eigenen Kultur und Geschichte zu erschließen. Unter anderem deswegen erlebte beispielsweise das Mittelalter in der Epoche der Romantik eine starke Verklärung. Und auch die Rückbesinnung auf und die Wiederentdeckung von Volksmärchen liegt in dieser Denkweise begründet.

Rückbesinnung auf die Antike

Die für die Weimarer Klassik typische Rückbesinnung auf die Antike ist historisch gesehen nicht neu. Schon die Renaissance hatte sich im 15. und 16. Jahrhundert die Kunst der alten Griechen und Römer zum Vorbild genommen.

Aus der Sicht des 18. Jahrhunderts galt die Antike (800 v. Chr. – ca. 600 n. Chr.) als Zeit der Harmonie und Ausgewogenheit. Die Literaten dieser Zeit strebten nach Humanität und Vollkommenheit. Durch die Harmonie von Verstand und Gefühl, also zwischen den beiden Idealen von Aufklärung und Sturm und Drang, sollte diese Vollkommenheit erreicht werden und es ermöglichen, dass Kunst und Wissenschaft miteinander existierten und sich nicht, wie bisher, gegenseitig ausschlossen.

Toleranz, Humanität und Vollkommenheit

Die Werte von Toleranz und Humanität waren schon für die Vertreter und Vertreterinnen der Aufklärung von zentraler Bedeutung. Doch was die Menschen damals hoffnungsvoll gestimmt und sie an neue, bessere Zeiten hatte glauben lassen, war in einer großen Enttäuschung geendet. An den Werten hielt die Weimarer Klassik jedoch fest.

Getrieben von ihrem Streben nach Vollkommenheit, beschäftigte sich die Klassik zudem mit der Frage, wie der ideale Mensch aussehen könnte. Denn das, was die Französische Revolution zum Vorschein gebracht hatte, war nicht das, was zum Menschenbild der Klassik passte. Die Klassik war davon überzeugt, dass der Mensch einen guten Kern habe, der sich durch Erziehung und die Schönheit der Kunst hervorbringen lasse mit dem Ziel, ein Gleichgewicht zwischen Tugendhaftigkeit und rationalem Denken herzustellen.

Selbstbestimmung

Die Selbstbestimmung des Menschen ist seit der Aufklärung ein wichtiges Thema. Ihr ging es darum, dass der Mensch sich aus seiner Unmündigkeit befreit und mit Hilfe seines Verstandes eigene Entscheidungen trifft. Auch die Weimarer Klassik begreift den Menschen als Individuum, das eigene Entscheidungen treffen soll.

Streben nach Harmonie und Schönheit

Angelehnt an die Ästhetik der Antike war die Schönheit ein hohes Gut. Sie bezog sich vor allem auf die innere Vollkommenheit. Die Weimarer Klassik vertrat das erzieherische Ideal der „schönen Seele“. Darunter verstand sie einen Menschen, dessen Handeln sich in vollkommener Übereinstimmung mit seinen Pflichten und Neigungen befindet.

Anders als sie es in der Realität erleben mussten, glaubten die Vertreterinnen und Vertreter der Klassik, dass nicht Gewalt, sondern eine evolutionäre Entwicklung der Gesellschaft zu einem Staat führe, der die aufklärerischen Ideale vertrete.

Balance zwischen Kunst und Wissenschaft

Auch wenn es mit der Empfindsamkeit bereits eine literarische Strömung zur Zeit der Aufklärung gegeben hatte, die als Mischung aus Aufklärung und Sturm und Drang zu verstehen ist, prallten mit diesen beiden Ausrichtungen zwei gegensätzliche Denkweisen aufeinander. Der Strum und Drang wandte sich bewusst und aus Protest von der Aufklärung ab. Die Weimarer Klassik wollte beides miteinander vereinen. Für sie schlossen sich Gefühl und Vernunft nicht aus, sondern machten erst die menschliche Vollkommenheit aus, nach der sie strebte.

In der Folge bedeutete das, dass auch Kunst und Wissenschaaft keine unvereinbaren Widersprüche waren, sondern dass eine Balance zwischen ihnen gefunden werden musste, um alles in ein harmonisches Gleichgewicht zu bringen.

Die Merkmale der Weimarer Klassik

Das Welt- und Menschenbild einer Literaturepoche äußert sich immer auch in den Merkmalen und Motiven, die sie genutzt und verarbeitet hat. Bei einem Blick auf die Merkmale der Weimarer Klassik fällt direkt auf: Alles steht im zeichen von Harmonie und Ästhetik. Die Literaten und Literatinnen der Klassik haben also die Themen ihrer Zeit in ihren Werken verarbeitet und dafür eine bestimmte Form der Umsetzung gewählt.

Das zeigt sich an folgenden formalen Merkmalen:

  • eine einheitliche und geregelte Sprache
  • formale Ordnung
  • Symmetrie
  • Stichomythie (häufiger Redewechsel innerhalb eines Dramas)
  • Sentenz (kurz formulierte, allgemein gültige Aussagen) 

Bereits ohne groß ins Detail zu gehen, fällt auf, dass sich das Hauptanliegen der Vertreterinnen und Vertreter der Weimarer Klassik nicht nur auf inhaltlicher, sondern auch auf formaler Ebene widerspiegelt: das Streben nach Harmonie. Folglich legten die Dichter und Dichterinnen ihre Werke so an, dass Form und Inhalt zusammenpassen und eine harmonische Einheit bilden.

So zeichnet sich die Literatur der Weimarer Klassik durch eine einheitliche, klare Sprache und Symmetrie aus, die sowohl inhaltliche als auch formale Harmonie und Ordnung ausstrahlt. Ausnahmen, also einen Bruch mit dieser strikten Einheit von Form und Inhalt, gibt es nur an Stellen, an denen etwas besonders hervorgehoben werden soll. Ein Mittel, um formale Ordnung zu schaffen, war zum Beispiel das Versmaß, auch Metrum genannt. Besonders häufig vertreten ist in klassischen Dramen und Gedichten der Blankvers, ein fünfhebiger Jambus oder anders ausgedrückt: fünf betonte Silben in einem Vers.

Die Literatur der Weimarer Klassik

Bereits die Literatur der Aufklärung hatte ein erzieherisches Ziel verfolgt. Das tat auch die Literatur der Weimarer Klassik. Sie wollte die Menschen im Sinne der so genannten ästhetischen Erziehung und ganz im Sinne des antiken Vorbildes zu Menschlichkeit erziehen. Von besonderer Bedetung war dabei die literarische Gattung der Dramatik. Epik und Lyrik spielten eher eine Nebenrolle.

Hieran könnt ihr sehen, wie unterschiedlich die Gewichtung einzelner Textgattungen in den verschiedenen Epochen sein kann. Wie die Aufklärung so konnte auch die Weimarer Klassik ihr Anliegen am besten im Drama ausdrücken. Die Romantik wiederum, die vor allem Gefühl und Fantasie in den Fokus stellte, bevorzugte vor allem die Lyrik. Das Drama war für die Romantiker und Romantikerinnen von untergeordneter Bedeutung. Es kommt also immer darauf an, was die Literaten und Literatinnen einer Epoche aussagen möchten und welche literarische Gattung ihnen das am besten ermöglicht.

Die Dramatik in der Weimarer Klassik

Es liegt auf der Hand, dass eine Epoche, die sich die Antike zum Vorbild nimmt, bevorzugt eine typisch antike Textgattung wählt. Denn auch mit ihr konnten sie sich an einem antiken Vorbild orientieren: der aristotelischen Dramentheorie. Sie geht zurück auf den altgriechischen Philosophen Aristoteles (384 v. Chr. – 322 v.Chr.) und legt eine strikte Ordnung fest, nach der ein Drama aufgebaut ist: die Kausalität, die drei aristotelischen Einheiten und die Katharsis.

Die Dramatik der Weimarer Klassik zeichnet sich durch fünf Merkmale aus:

  1. Sentenz: einprägsame, allgemeingültige Weisheit, wie eine Redewendung oder ein Sinnspruch, zum Beispiel „Ernst ist das Leben, heiter die Kunst.“ (Wallenstein, Schiller)
  2. Stichomythie: häufiger Rednerwechsel in einem Dialog mit schneller Abfolge vieler kurzer Sätze beider Seiten, um dynamisch zu wirken.
  3. Blankvers: fünfhebiger Jambus, z.B: „Heraus in eure Schatten, rege Wipfel, Des alten, heil’gen, dichtbelaubten Haines“ (Iphigenie auf Tauris, Goethe)
  4. Kausalität: Alle Szenen und Handlungen bauen streng aufeinander auf, nichts ist zufällig.
  5. Katharsis: die geistige Reinigung. Zusschauende sollen von ihren eigenen negativen Gefühlen befreit werden, wenn sie Furcht, Schmerz und Erleichterung der Dramenfiguren miterleben.

Die Weimarer Klassik griff jedoch nicht immer nur auf die Antike zurück. Ebenfalls typisch für die Klassik ist der sogenannte Historismus, also der Rückgriff auf die Geschichte. So verewigte zum Beispiel Friedrich Schiller in seinen Dramen bedeutende historische Persönlichkeiten, wie die schottische Königin Maria Stuart (Maria Stuart, 1800) oder den Schweizer Freiheitskämpfer Wilhelm Tell (Wilhelm Tell, 1804).

Die Lyrik in der Weimarer Klassik

Die Tatsache, das Lyrik und Epik im Vergleich zur Dramatik für die Literaten der Weimarer Klassik weniger wichtig waren, liegt daran, dass die Antike das Vorbild ihres künstlerischen Schaffen war – und hier war ebenfalls das Drama die bevorzugte literarische Ausdrucksform. Aber auch in der Lyrik griffen die Autoren und Autorinnen auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurück. So war beispielsweise die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders beliebt. Außerdem verwendeten sie eine gehobene, pathetische Sprache, die ebenfalls an antike Vorbilder erinnern sollte. Ein Beispiel dafür ist Goethes Ode „Das Göttliche“ aus dem Jahr 1783. Sie bringt bereits in den ersten zwei Strophen das Menschenbild der Epoche auf den Punkt:

Edel sei der Mensch,
Hülfreich und gut!
Denn das allein
Unterscheidet ihn
Von allen Wesen,
Die wir kennen.

Heil den unbekannten
Höhern Wesen,
Die wir ahnen!
Ihnen gleiche der Mensch!
Sein Beispiel lehr’ uns
Jene glauben.

Beliebt waren außerdem Balladen, die eine Mischform aus allen drei literarischen Gattungen darstellen. Zu ihnen gehören zum Beispiel Der Zauberlehrling (1797) und Die Braut von Korinth (1797) von Goethe oder Der Handschuh (1797) und Die Bürgschaft (1798) von Friedrich Schiller.

Die Epik in der Weimarer Klassik

Die Epik ist vergleichsweise frei und deutlich weniger formalen Regeln unterworfen als die Lyrik oder die Dramatik, was sich allein schon daraus ergibt, dass sie in Prosa, also in ungebundener, fließender Sprache verfasst ist und nicht in ein formales Korsett aus Strophen, Versen oder Figurenrede gepresst wird. Da die Literaten und Literatinnen der Weimarer Klassik wegen ihres Strebens nach Ordnung aber diese streng geregelte Form bevorzugten, waren epische Textsorten für sie uninteressant. Die Autoren und Autorinnen nutzten erzählende Literatur eher, um ihre Weltanschauung darzulegen.

Wichtige Autoren und Werke

Wir haben es eingangs bereits angesprochen und falls ihr euch wundert, warum wir nur von wichtigen Autoren sprechen, dann liegt das daran, dass es vor allem vier männliche Autoren waren, die die deutsche Literaturszene und damit die Weimarer Klassik prägten und beeinflussten wie niemand sonst. Johann Friedrich Herder, Christoph Martin Wieland, Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe bilden das sogenannte Viergestirn der Weimarer Klassik. Alle vier lebten in Weimar – daher die Bezeichnung Weimarer Klassik. Während Wieland und Herder eher isoliert voneinander arbeiteten, verband Schiller und Goethe eine in der Literaturgeschichte einzigartige Freundschaft, die dazu führte, dass sich beide in ihrem literarischen Schaffen gegenseitig beeinflussten.

In der Weimarer Klassik gab es aber natürlich nicht nur diese vier Autoren. Einer ihrer Zeitgenossen war beispielsweise der ebenfalls sehr bekannte deutsche Literat Heinrich von Kleist (1977–11811). Er verfasste unter anderem die Novelle Die Marquise von O…, gilt aber nicht als Vertreter der Weimarer Klassik, weil er sich nicht am literarischen Leben und Geschehen seiner Zeit beteiligt hat und damit weder der Weimarer Klassik noch der Romantik zuzuordnen ist.

Die Dichterfreundschaft von Schiller und Goethe

Auch wenn Goethe und Schiller die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind, so haben sie auch eine andere literarische Strömung maßgeblich beeinflusst. Goehtes Briefroman Die Leiden des jungen Werthers ist das Standardwerk des Sturm und Drang und hat seinen Verfasser zum führenden Vertreter dieser literarischen Strömung gemacht. Auch Schiller war ein aktiver und einflussreicher Stürmer und Dränger, eher er sich wie Goethe der Klassik und ihren antiken Vorbildern zuwandte. Freunde waren sie deshalb aber nicht. Vielmehr betrachteten sie sich als Konkurrenten. Goehte fühlte sich durch Schiller an seine Sturm-und-Drang-Zeit erinnert, die er hinter sich lassen wollte, Schiller bezeichnete Goethe als arrogant.

Trotz der anfänglichen Ablehnung stellten beide jedoch fest, dass sie neben politischen Ansichten auch die Hinwendung zur Antike als höchstes künstlerisches Ideal teilten. So entwickelte sich ein intensives Arbeitsverhältnis, in dem sie sich motivierten und gegenseitig halfen: Goethe nahm Einfluss auf Schillers Dramen-Trilogie Wallenstein, Schiller wiederum ermunterte Goethe, sein Lebenswerk Faust fortzusetzen. Schillers Tod im Jahr 1805 war ein großer Verlust für Goethe.

Bekannte Werke der Weimarer Klassik

Mit Schiller und Goethe gehörten der Weimarer Klassik die zwei wohl bekanntesten deutschen Dichter an. Es wundert daher nicht, dass diese Epoche als Blütezeit deutscher Kultur und Literatur gilt. Hier findet ihr einen Überblick über die wichtigsten Werke dieser Zeit:

WerkAutorErscheinungsjahr
EgmontJohann Wolfgang von Goethe1775–1788
Iphigenie auf TaurisJohann Wolfgang von Goethe1787
Faust IJohann Wolfgang von Goethe1806
Maria StuartFriedrich Schiller1800
Die Jungfrau von OrléansFriedrich Schiller1801
Ideen zur Philosophie der Geschichte der MenschheitJohann Gottfried Herder1784–1791
AlcesteChristoph Martin Wieland1773

Die Weimarer Klassik im Überblick

  • Zeitraum: 1786–1832
  • Einordnung: folgt auf Aufklärung und Sturm und Dranf, verläuft parallel zur Romantik
  • bedeutende Ereignisse: die Französische Revolution
  • Merkmale: Humanismus, Tugend, Harmonie und Streben nach Schönheit
  • Literatur: Dramatik als wichtigste literarische Gattung
  • Vertreter: Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried Herder