Hintergründe

Was sind Märchen?

Was sind Märchen? Märchenbuch

In unserer ersten Folge hat Jenny uns erklärt, was Märchen eigentlich sind. Hier könnt ihr alle Infos nachlesen, auch die, die es aus Zeitgründen nicht in den Märchenpottcast geschafft haben.

Was sind Märchen? Eine Definition

Wir alle kennen Märchen aus unserer Kindheit als Erzählungen, in denen wundersame Dinge geschehen und alles gut ausgeht. In der literarischen Gattung der Epik bilden sie ihre eigene Textgattung, da sie Merkmale aufweisen, die speziell für sie charakteristisch sind. Damit stellen sie in der Literatur eine Besonderheit dar.

Der Begriff „Märchen“ ist eine Verkleinerungsform des mittelhochdeutschen Begriffes „Mär“ oder „Märe“. Dieser bedeutet „Kunde“, „Bericht“ oder „Nachricht“, was zu ihrer ursprünglichen Überlieferungsform passt, denn Märchen wurden mündlich weitergegeben. Im deutschsprachigen Raum ist der Begriff eng mit den Gebrüder Grimm verbunden, die die mündlich überlieferten Märchen gesammelt und aufgeschrieben haben. Tatächlich sind Märchen aber sehr viel älter und finden sich in allen Kulturkreisen.

Der Unterschied zu Sagen und Legenden

Auch Sagen und Legenden sind alt und handeln von wundersamen Geschehnissen. Im Gegensatz zu ihnen ist die Handlung von Märchen jedoch komplett frei erfunden. Auch ist ihre Handlung weder örtlich noch zeitlich festgelegt. Eine eindeutige Abgrenzung zu Sagen und Legenden ist jedoch nicht immer möglich, da beide Gattungen eng verwandt sind und sich unter Umständen auch beeinflusst haben. So gilt beispielsweise das Märchen „Dornröschen“ als entschärfte Fassung der Brünnhilden-Sage.

Typische Merkmale des Märchens

Das Märchen weist spezielle Merkmale auf, die es als solches charakterisieren und von anderen epischen Texten unterscheiden. So gibt es in Märchen stets fantastische Elemente in Form von sprechenden Tieren oder Zauberei. Darüber hinaus haben sie aber einen sehr konkreten Bezug zur Lebenswirklichkeit der Menschen und sagen viel über gesellschaftliche Bedingungen aus.

Unterscheidung zwischen Volks- und Kunstmärchen

Auch innerhalb der Gattung „Märchen“ kann noch eine Unterscheidung vorgenommen werden: die zwischen Volks- und Kunstmärchen.

Volksmärchen

Volksmärchen sind die traditionelle Form des Märchens. Sie basieren auf mündlichen Überlieferungen. Aus diesem Grund gibt es von ihnen unterschiedliche Erzählversionen. Als Gattungsbegriff bekannt wurde das Volksmärchen durch die Gebrüder Grimm. Sie sammelten die Märchen und schrieben sie auf. Darauf basierend kann zwischen drei Typen von Volksmärchen unterschieden werden:

  • Tiermärchen: Hier spielen Tiere die Hauptrolle, etwa in „Die Bremer Stadtmusikanten“ oder „Der Wolf und die sieben Geißlein“
  • Schwankhafte Märchen: Sie haben einen komischen, scherzhaften Inhalt
  • das „eigentliche“ Märchen: Damit werden legenden- und novellenartige Märchen ebenso bezeichnet wie Zaubermärchen und Märchen von dummen Riesen und Teufeln.

Als besondere Form gilt das Feenmärchen, wie es zum Beispiel auch „Dornröschen“ ist. Hierin treten sowohl gut- als auch boshafte Feen aus einem übernatürlichen Reich zu normalen Menschen in Beziehung und fungieren als Patin. Zurück gehen sie auf altägyptisch-indische Zaubererzählungen sowie Geistermärchen aus Persien und Dämonenmärchen aus dem arabisch-orientalischen Raum. Sie verschmolzen zur Zeit der Kreuzzüge im 12. Jahrhundert mit einheimischen Vorstellungen über ein Feenreich.

Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl weiterer Unterkategorien, etwa Gruselmärchen, Blaubartmärchen oder natürlich Weihnachtsmärchen.

Merkmale des Volksmärchens sind:

  • Sie haben eine einfache, leicht verständliche Struktur.
  • Es gibt eine wiederkehrende Beginn- und Schlussformel, wie „Es war einmal“ und „Wenn sie nicht gestorben sind…“
  • Die Handlung spielt in einer erfundenen Welt.
  • Es gibt übernatürliche Elemente, z.B. Magie.
  • Es gibt keine Ort- und Zeitangaben.
  • Gut und Böse stehen sich als Gegensätze gegenüber.
  • Die Hauptfigur ist meist zunächst schwach und muss im Laufe der Handlung Prüfungen bestehen.
  • Es gibt ein Happy End.
  • Es finden sich Personifikationen von Pflanzen und Tieren.
  • Typsich ist die Zahlensymbolik: sieben Zwerge, drei goldenen haare oder drei Prüfungen.
  • Die Farbe Gold spielt eine wichtige Rolle, etwa bei „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ oder „Frau Holle.“

Weiterhin gibt es sich wiederholende Motive wie die schlafende Schöne (z.B. „Dornröschen“, „Schneewittchen“), der Prinz, der das arme Mädchen heiratet (z.B. „Aschenputtel“ oder „Allerleirauh“), missgünstige Geschwister ( z.B. „Frau Holle“) oder Geschwister, die sich gegenseitig erlösen (z.B. „Die sieben Raben“ oder „Brüderchen und Schwesterchen“).

Das Kunstmärchen

Anders als die Volksmärchen haben Kunstmärchen keinen mündlichen Ursprung, sondern wurden direkt aufgeschrieben. Folglich haben sie einen festen Autor oder eine feste Autorin. Zwar greifen sie häufig Stil, Themen und Elemente der Volksmärchen auf, sind in ihrer Erzählform aber weniger eindimensional und benutzen keine Stereotypen in Ort, Zeit und Personen. Stattdessen sind detailleirte Personenbeschreibungen sowie eine psychologische Wandlung der Figuren typisch. Darüber hinaus brechen Kunstmärchen mit der klaren Zuordnung von Gut und Böse und thematisieren auch moralische Grauzonen. Daher gibt es hier nicht immer automatisch auch ein Happy End.

Was sind Märchen? Ein Überblick

  • Als erzählende Texte gehören Märchen zu der literarischen Gattung der Epik.
  • Ursprünglich wurden Märchen mündlich weitergegeben.
  • Es kann zwischen Volks- und Kunstmärchen unterschieden werden.
  • Merkmale von Volksmärchen sind ihre leicht verständliche Sprache, übernatürliche Elemente wie Magie, die Verwendung von Gegensätzen, stereotype Figuren und natürlich das Happy End.
  • Kunstmärchen haben keine mündiche Erzähltradition, sondern haben immer einen Autoren oder eine Autorin.
  • Ihre Erzählform ist weniger eindimensional.
  • Es gibt diverse Unterarten von Märchen.

➛ Das alles und noch viel mehr könnt ihr in unserer ersten Folge Es war einmal hören.