Hintergründe

Die Aufklärung: Epoche von Verstand und Vernunft

Aufklärung Epoche "Die Freiheit führt das Volk"

Immer wieder fällt bei uns im Podcast das Stichwort „Romantik“. Hier betten wir diese Literaturepoche in einen detaillierteren Kontext ein und schauen uns an, wie die Romantik von der Epoche der Aufklärung beeinflussst wurde.

Die Epoche der Aufklärung: wichtig fürs Verständnis

Da literarische Texte nicht losgelöst von dem zeitgeschichtlichen Kontext gesehen werden können, in dem sie entstanden sind, kommen wir im Märchenpott immer wieder auf ein Thema zu sprechen: die Romantik. In Folge 21 „Zwei Brüder, ein Irrglaube und jede Menge Romantik“ haben wir euch die Romantik-Epoche vorgestellt, in unserer Märchenkunde „Angstlust“ (Folge 51) haben wir die Schwarze Romantik und ihren Einfluss auf Gruselmärchen besprochen. Und auch in unserer Folge zum Thema Liebe (Folge 61 „Love is everywhere“) spielt die Romantik eine Rolle, denn die Liebe in der Romantik hat das Bild von Liebe, Beziehung und Ehe grundlegend verändert.

Um die Romantik und ihr Welt- und Menschenbild noch besser zu verstehen, ist es jedoch auch wichtig zu wissen, dass eine Epoche kein isolierter Einzelfall ist, sondern Teil eines dynamischen Prozesses. Das bedeutet: Eine Epoche beeinflusst die andere, manche Epochen entwickeln sich parallel, manche nacheinander, aber niemals losgelöst von dem, was vorher war. An der Epoche der Romantik ist das sehr deutlich zu erkennen. Denn sie entstand als Folge einer Epoche, die die Welt grundlegend verändert hat und bis heute prägt: die Aufklärung. Und um die Epoche der Aufklärung geht es in diesem Artikel.

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit

Immanuel Kant

Definition: Das ist die Aufklärung

Die Epoche der Aufklärung umfasst den Zeitraum von 1720 bis 1800 und gilt als Beginn der Moderne. Als bürgerliche Bewegung erfasste sie ganz Europa und war damit, anders als etwa die Weimarer Klassik, nicht allein auf Deutschland beschränkt. Zudem war die Aufklärung hochpolitisch, hinterfragte und stürzte bestehende Herrschaftsstrukturen und bewirkte grundlegende gesellschaftliche Veränderungen.

Der Begriff der Aufklärung geht auf einen der bekanntesten Denker dieser Zeit zurück: den Philosophen Immanuel Kant. Zuvor war das englische Verb „to enlighten“ gebräuchlich, das „Verständnis schaffen“ oder „über eine Sache erhellend informieren“ bedeutet. Darin spiegelt sich die bereits seit der Antike gebräuchliche Metaphorik vom Licht der Erkenntnis wider. Dieses Licht bildete das Gegenteil zum Mittelalter, das als Zeit des dunklen Aberglaubens und des Rückstandes abgelehnt wurde. Es sollte den Aufbruch in die neue, moderne Zeit weisen und das sprichwörtliche Licht ins Dunkel bringen.

Historische Hintergründe der Aufklärung

Keine Epoche ohne zeitgeschichtlichen Kontext. Bevor wir uns also die typischen Themen und Merkmale der Aufklärung ansehen, werfen wir einen Blick auf die historischen Hintergründe. Diese sind vor allem von einem großen Ereignis geprägt, das die alte Ordnung erschütterte: die Französische Revolution.

Die alte Ordnung sah im 18. Jahrhundert so aus: Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) hatte Europa verwüstet und Deutschland in viele kleine Territorien zersplittert. So bestand das Heilige Römische Reich Deutscher Nation aus über 300 souveränen Einzelstaaten. Im Jahr 1517 hatte die Reformation zudem die katholische Kirche in verschiedene Konfessionen gespalten. In Folge dessen kam es ständig zu Religions- und Bürgerkriegen.

Die Ständegesellschaft

In diesen Zeiten ständiger Unruhen begannen die Menschen, die Welt zu hinterfragen. Und mit ihr ein Gesellschaftssystem, das die Menschen in drei Klassen teilte: Klerus, Adel und Bauern. Der dritte Stand, die Bauern, umfasste den Großteil der Bevölkerung. In den Städten zählten zu diesem Stand auch die wohlhabenden Bürger. Sie lebten in Knechtschaft, die Hörigkeit und Untergebenheit gegenüber dem zweiten Stand forderte: dem Adel. Dieser sah seine Macht als von Gott gegeben an. Über ihm stand nur der Klerus, der sich aus Geistlichen wie Bischöfen, Äbten, Priestern oder Mönchen zusammensetzte.

Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stand wurde durch die Geburt bestimmt. Der soziale Aufstieg aus dem dritten Stand hinaus war nahezu unmöglich.

Die Französische Revolution

Das aufklärerische Denken stellte die Legitimationsgrundlage dieses absolutistischen Herrschaftssystems infrage und führte zu einem veränderten Bewusstsein der Menschen. Sie wollten sich aus ihrer Unmündigkeit befreien und forderten Freiheit und Toleranz. Diese Forderungen nach „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ gipfelten 1789 in der Französischen Revolution. Sie ist zwar nicht allein auf die Aufklärung zurückzuführen, das aufklärerische Gedankengut hatte aber starken Einfluss auf sie. Alle Revolutionsführer waren Aufklärer.

Die drei Phasen der Französischen Revolution

Der Höhepunkt der Aufklärung bilden die Ereignisse der Französischen Revolution im Jahr 1789. Die Revolution selbst vollzog sich aber über einen Zeitraum von über zehn Jahren bis ins Jahr 1799 und kann in drei Phasen unterteilt werden:

  1. 1789-1791: Kampf für bürgerliche Freiheitsrechte und Schaffung einer konstitutionellen Monarchie
  2. 1792-1794: Entstehung der Republik
  3. 1795-1799: Direktorialzeit

Die erste Phase beginnt 1789 mit dem Revolutionsjahr in Frankreich. Es setzte einen gewaltigen politischen Umwälzungsprozess in Gang. Der absolutistische französische König Ludwig XVI hatte in der Versammlung der Generalstände am 5. Mai 1789 neue Steuern erlassen, die den dritten Stand, also Bauern und Bürgertum, noch stärker belasten sollten. 40.000 Beschwerdebriefe seiner Untertanen ließ der König unbeachtet. Daraufhin erklärte sich der dritte Stand zur Nationalversammlung und beschloss die Abschaffung der Privilegien der oberen beiden Stände. Am 16. August desselben Jahres verabschiedete die Nationalversammlung außerdem die Erklärung der Menschenrechte. Die mittelalterliche Feudalherrschaft war am Ende. Der König wurde inhaftiert und zum Tode verurteilt. Ludwig XVI und später auch seine Frau Marie Antoinette fanden den Tod unter dem Fallbeil der Guillotine.

Das Ende der Französischen Revolution

Der Tod des Königs symbolisiert auch den Tod des Absolutismus. Die Jakobiner ergriffen die Macht und eine Republik entstand. In der Direktorialzeit von 1795 bis 1799 prallten dann besitzbürgerliche Interessen auf Forderungen nach sozialer Gleichheit und monarchistische Restaurationsbestrebungen. Die Schreckensherrschaft der Jakobiner enttäuschte jedoch die Ideale der Aufklärung. Napoleon Bonaparte verkündete am 13. Dezember 1799 eine neue Verfassung und erklärte die Revolution für beendet. Die Ideen der Aufklärung lebten jedoch weiter und beeinflussten maßgeblich das Denken der folgenden Epochen.

Das Weltbild in der Epoche der Aufklärung

All diese Ereignisse und Veränderungen wirkten sich auf das Welt- und Menschenbild zur Zeit der Aufklärung aus:

  • Der Glaube an Fortschritt war die zentrale Idee der Aufklärung.
  • Sie ging von der Gleichheit der Menschen aus.
  • Das Bürgertum akzeptierte nicht länger die angeblich gottgegebene Vormachtstellung des Adels.
  • Forderungen nach dem Recht auf Selbstbestimmung, Emanzipation, Bildung und Bürgerrechte
  • Kampf gegen Vorurteile und um allgemeine Menschenrechte

Basis all dieser Vorstellungen war die Vernunft. Sie war das Instrument, mit dem sich der Mensch aus diesem starren und überholten System befreien sollte. Rationalität war das höchste Gut, Kants Aussage „Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu gebrauchen“ die Leitlinie der Aufklärung. Das stellte auch bis dahin als unanfechtbar geltende Grundsätze wie etwa die Religion infrage. Die Theodizee etwa warf die Frage auf, warum Gott Leiden zulasse. Damit wandte sich die Aufklärung also nicht nur gegen die Unterdrückung des Adels, sondern auch gegen die starke Abhängigkeit von den Lehren und Verhaltensregeln der Kirche.

Rationalismus und Empirismus

Die Aufklärung war von zwei philosophischen Strömungen geprägt: dem Rationalismus und dem Empirismus. Der Rationalismus betont die Kraft des eigenen Verstandes: Überliefertes, traditionelles Wissen soll nicht bloß als gegeben hingenommen, sondern hinterfragt werden. Diese Denkrichtung geht auf René Decartes zurück. Von ihm stammt die Aussage: „Ich denke, also bin ich.“

Der Empirismus, begründet von John Locke, geht davon aus, dass sich die menschliche Erkenntnis nur durch Beobachtung und die Wahrnehmung aller Sinne zusammensetzt. Er versteht die Beobachtung als wichtigste Voraussetzung und Grundlage wissenschaftlichen Arbeitens.

Die Epoche der Aufklärung: die Merkmale

Vor diesem Hintergrund griff die Literatur der Aufklärung die moralischen und philosophischen Ansichten ihrer Zeit auf und machte diese öffentlich. Das veränderte auch die Funktion des Literaten. Statt als Hofdichter über die höfische Gesellschaft zu schreiben oder diese zu unterhalten, wie beispielsweise Charles Perrault das getan hatte, wandten sich die Autoren jetzt dem bürgerlichen Leben zu und arbeiteten freischaffend. Das führte zwar dazu, dass Schriftsteller nicht mehr von ihrer Arbeit leben konnten, machte die Literatur aber unabhängiger und einer breiten Masse zugänglich.

Typische Merkmale der Aufklärung sind:

  • Kritik an der bestehenden Ordnung
  • Von Gesellschaft über Politik bis zu Kirche und Religion alles wurde hinterfragt
  • Der menschliche Verstand ist das höchste Gut.
  • geistige Emanzipation
  • Glaube an den Fortschritt
  • Forderungen nach Gleichheit und Toleranz in Gesellschaft, Politik und Religion

Getrieben von einer kritischen Vernunft akzeptierte die Aufklärung keine Standesgrenzen und beanstandete die ungleiche Verteilung von Macht und Privilegien. Im Zuge dessen behandelte die Aufklärung auch Themen wie Erziehung und Bildung.

Die Literatur der Aufklärung

Die Literatur der Aufklärung hatte einen Bildungs- und Erziehungsanspruch. Sie wollte die aufklärerischen Ideale von Vernunft, Humanität und Nützlichkeit verbreiten und den Menschen ihr fortschrittliches Weltbild vermitteln. Sie war das Bindeglied zwischen Philosophie und erstarkendem Bürgertum, sprach aktuelle Themen an und wollte vor allem eines: aufklären. Fantasie und Gefühl hatte in ihren Werken, anders als später in der Romantik, keinen Platz.

Damit kommt der Literatur im Allgemeinen wie den Schriftstellern im Speziellen eine wichtige Funktion zu, denn sie waren es, die die Ideen der Aufklärung verbreiteten und dadurch die Entwicklungen und Veränderungen ihrer Zeit entscheidend vorantrieben.

Die Epik

Die Leitgedanken der Aufklärung spiegeln sich in allen drei literarischen Gattungen wider. Insbesondere im Roman, einer Textsorte der Epik, sahen die Vertreter der Aufklärung das Potenzial, ihre Ideen zu vermitteln. Und so vollzog sich in dieser Literaturform eine entscheidende Wandlung: Ähnlich wie im bürgerlichen Drama tart an die Stelle des adeligen Helden ein bürgerlicher Protagonist. Auch der schwülstige Erzählstil wurde abgeschafft und begünstigte, dass sich der höfische Roman zum bürgerlichen Roman entwickeln konnte. Übrigens: Der erste bürgerliche Roman trägt den Titel „Agathon“ und stammt von Christoph Martin Wieland aus dem Jahr 1766/67.

Eine weitere beliebte epische Literaturform der Aufklärung war die Satire. Verbreitet waren hier vor allem Aphorismen, die kurz einen lehrreichen Sinnspruch formulierten. Ebenso wichtig waren Fabeln und Parabeln, weil ihr erzieherischer Charakter es den Autoren ermöglichte, den Leser oder die Leserin moralisch zu belehren und zum Nachdenken anzuregen. Und genau das war ja das Kernziel der aufklärerischen Literatur, schließlich sollte der Mensch seinen eigenen Verstand gebrauchen.

Märchen zur Zeit der Aufklärung

Da die Literatur zur Zeit der Aufklärung in erster Linie eine erzieherische Funktion hatte, die dazu diente, die aufklärerischen Ideen von Vernunft und Rationalität zu verbreiten, lässt sich vermuten, dass Märchen damals keinen hohen Stellenwert besaßen. Denn die unlogischen, oft übernatürlichen und auch irrationalen Inhalte von Märchen widersprechen dem von Vernunft geleiteten Denken der Aufklärung. Auf dieser Grundlage entstand die Annahme, die rational orientierte Aufklärung sei regelrecht märchenfeindlich, während die Romantik das wahre Wesen des Märchens erkannt habe.

Tatsächlich waren Märchen schon vor den Grimms populär. In den französischen Salons des ausgehenden 17. Jahrhunderts hatte sich eine neue Literaturform entwickelt: die Contes des fées, die Feenmärchen (über die wir in Folge 41 „Schicksalsfrauen, Helikoptereltern und ein Flachsfaden“ gesprochen haben). Sie unterhielten die aristokratische Gesellschaft bei Hofe und waren keinesfalls als Kindergeschichten gedacht. Vielmehr handelt es sich bei Feenmärchen um Erziehungs-, Heirats- oder Liebeserzählungen, die überwiegend im höfischen oder adeligen, zum Teil aber auch im wohlhabenden bürgerlichen Milieu angesdiedelt sind. Sie greifen kontroverse Erziehungs-, Geschlechter- und Heiratsdiskurse auf und haben somit einen aktuellen gesellschaftlichen Bezug, die den Grimm-Märchen fehlen. Neben den Feenmärchen waren auch die Märchen aus 1001 Nacht so beliebt, dass sie in allen europäischen Ländern die populärsten Literaturformen waren.

Die Dramatik

Die literarische Gattung der Dramatik nahm in der Epoche der Aufklärung eine besondere Rolle ein, denn aus Sicht der aufklärerischen Autoren war das Drama die Literaturform, die am besten dafür geeignet war, den Menschen im Sinne ihrer Ideale zu erziehen. Durch die starke Auseinandersetzung der Schriftsteller mit dieser Textsorte entwickelten sich mit dem bürgerlichen Trauerspiel und dem bürgerlichen Drama neue Untergattungen. Es ist vor allem Gotthold Ephraim Lessing zu verdanken, dass das Drama so weit reformeirt wurde, dass ab sofort auch das Bürgertum auf die Bühne durfte und die Figuren bürgerliche Tugenden vertraten. Das führte dazu, dass sich viele Bürgerliche als Schauspieler*innen bewarben.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang Lessings Bruch mit der bis dahin geltenden Ständeklausel. Das ist ein theaterwissenschaftliches Konzept, das festlegt, dass in Tragödien nur das Leben und die Schicksale von adeligen Figuren erzählt werden sollen. Da sich zur Zeiten der Aufklärung der Fokus aber vom Audel auf das Bürgertum verschob, verfasste Lessing erstmals bügerliche Trauerspiele. Damit gelang ihm auf künstlerisch-literarischer Ebene genau das, was die Aufklärung forderte: Die Aufweichung der in der Gesellschaft tief verankerten Standesgrenzen. Das machte das Drama zu einem wichtigen Instrument, um die Emanzipation des Bürgertums voranzutreiben. Gleichzeitig zeigt es, wie wichtig die Rolle der Literatur zu dieser Zeit war und welche Möglichkeiten sie hat, Menschen zum Nach- und Umdenken zu bewegen.

Die Lyrik

Auch die Lyrik der Aufklärung stand ganz im Zeichen des erzieherischen Grundgedankens. So gab es sowohl aufklärerische Lehrgedichte als auch gefühlsstarke Hymnen. Und auch hier vollzog sich der inhaltliche Wandel: Lyrische Texte waren nicht länger Mittel der höfischen Unterhaltung oder dienten der Lobpreisung des Fürsten. Fortan ging es auch in Gedichten um den Bürger und das bürgerliche Leben.

Der Einfluss der Aufklärung auf die Romantik

Der Einfluss der Aufklärung auf die Gedankenwelt der Romantik ist deutlich zu erkennen. Denn das Welt- und Menschenbild der Romantik ist ein komplett anderes als das der Aufklärung. Statt Verstand und Vernunft legten die Romantiker und Romantikerinnen ihren Fokus auf Gefühl und Fantasie – und damit genau auf die Aspekte, die die Vertreter der Aufklärung ablehnten.

Die Romantik begriff sich als Gegenbewegung zur Aufklärung. Folglich…

  • betonte sie das Ich und seine subjektiven Gefühle.
  • flüchtete sie sich in Traum- und Fantasiewelten, statt sich mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen.
  • . erklärte sie Fantasie und Gefühl zum höchsten Gut.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die Vertreter und Vertreterinnen der Romantik den Verstand komplett ablehnten. Im Sinne des Konzeptes der progressiven Universalpoesie ging es ihnen jedoch darum, die Grenzen zwischen Verstand, Gefühl und Fantasie aufzulösen. Das Menschenbild der Aufklärung war für sie nicht komplett, denn der Verstand war nur im Zusammenspiel mit Fantasie und Gefühl vollständig.

Wollen wir also verstehen, warum die Romantiker*innen so dachten, wie sie dachten, müssen wir uns klar machen, dass sie nicht nur auf die historischen Ereignisse ihrer Zeit, wie den Wiener Kongress, die Industrialisierung oder die Befreiungskriege, reagierte. Sie verarbeitete auch die völlig neuen, revolutionären Ideen einer Zeit, die eine jahrhundertealte Ordnung zerstört hatte und entwickelte diese weiter.

Weitere Epochen

Auch andere Epochen setzen sich mit den Inhalten der Aufklärung auseinander. Die Empfindsamkeit (1740-1790) und der Sturm und Drang (1765-1790) waren zwei literarischen Strömungen, die zeitgleich zur Aufklärung verliefen und als direkte Reaktion auf sie gewertet werden können. Während die Empfindsamkeit die Ideale der Aufklärung um das Gefühl erweiterte, war der Sturm und Drang eine Protest- und Jugendbewegung, die Gefühl und Individualität dem Verstand vorzog.

Auch die Weimarer Klassik (1786-1831) setzte sich mit der Aufklärung auseinander, insbesondere mit ihren Folgen. Sie versuchte die enttäuschten Hoffnungen der Aufklärung zu verarbeiten, indem sie mit Tugenden wie Humanismus und Toleranz an die aufklärerischen Ideale anschloss und versuchte, sich wieder auf Harmonie und Menschlichkeit zu besinne.

Die Bedeutung der Aufklärung

Die Aufklärung markiert einen großen Einschnitt und Wendepunkt in der Geschichte. Erstmals war der Mensch nicht länger fremdbestimmt, sondern konnte durch den Gebrauch und die Kraft seines Verstandes sowie einem gestärkten Selbstbewusstsein als autonomes Individuum auftreten. Die mittelalterliche Ordnung wurde verworfen, jahrhundertealte Denkmuster und Normen hinterfragt und ein ganzes gesellschaftliches und politisches System umgewälzt. Die Idee von Freiheit und Gleichheit aller Menschen hat die Jahrhunderte überdauert und gilt bis heute. Daher gilt die Epoche der Aufklärung als Beginn der modernen Zeit und kann als Beginn und Basis unserer heutigen Denkweise gesehen werden.

Auch die Romantik wäre ohne die Aufklärung eine andere und hätte in dieser Form nicht existiert. Das bedeutet: Auch die Märchen würde es in dieser Form heute nicht geben. Das zeigt, wie eng historische Ereignisse miteinander verknüpft sind und wie wichtig, aber auch spannend es ist, sich diese Zusammenhänge bewusst zu machen.

Auf einen Blick: Die Epoche der Aufklärung

  • Zeitraum: 1720–1800
  • Einordnung: folgt auf den Barock, umfasst die Epochen Empfindsamkeit und Sturm und Drang, beeinflusste die nachfolgenden Epochen Weimarer Klassik und Romantik
  • bedeutende Ereignisse: die Französische Revolution
  • Weltbild: Fortschrittsdenken, Emanzipation, Bildung, Bürgerrechte, Freiheit und Toleranz
  • Themen: Verstand und Fortschritt, Individualismus, Kritik an bestehender Ordnung
  • Literatur: Bindeglied zwischen der Philosophie und dem Bürgertum
  • Vertreter: Lessing, Voltaire, Rousseau

Bildnachweis: Eugène Delacroix artist QS:P170,Q33477, Eugène Delacroix – La liberté guidant le peuple, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons