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Literaturwissen: Was ist ein Schwank?

Was ist ein Schwank? Till Eulenspiegel in einem Karren Sand

Volkstümlich und vor allem unterhaltsam – das ist der Schwank. Doch was ist ein Schwank? Und was hat er mit Märchen zu tun? Hier erfahrt ihr mehr über diese literarische Textsorte.

Schwank trifft Märchen

Was haben Till Eulenspiegel, das tapfere Schneiderlein und Hans im Glück gemeinsam? Bei allen dreien handelt es sich um schwankhafte Erzählungen. Dabei wird Till Eulenspielgel der Textsorte des Schwankes zugeordnet, bei Das tapfere Schneiderlein und Hans im Glück handelt es sich um Märchen. Doch auch wenn jede dieser Textsorten durch bestimmte Merkmale gekennzeichnet sind, die sie eindeutig als diese identifizieren und damit auch von anderen Textarten unterscheiden, kommt es an manchen Stellen zu Überschneidungen. Das ist beim Schwank der Fall. Was ein Schwank ist und in welcher Unterkategorie des Märchens er uns begegnet, erfahrt ihr hier.

Definition: Was ist ein Schwank?

Ein Schwank ist eine humorvolle Erzählung, oft auch in Form eines kurzen Theaterstücks, das oft mit übertriebenen Charakteren und komischen Situationen spielt. Ursprünglich stammt der Begriff aus dem deutschen Sprachraum und leitet sich vom mittelhochdeutschen Begriff swanc ab, was „lustiger Einfall“ bedeutet. Ein Schwank ist ein Volksstück, das in der Regel in mündlicher Tradition überliefert wurde. Schwänke sind oft geprägt von einer leichten, unterhaltsamen Handlung, die die Zuhörer*innen oder Zuschauer*innen zum Lachen bringen soll.

Ein Schwank ist aber nicht nur kurz und heiter. Im späten Mittelalter und besonders im 16. Jahrhundert war der Schwank als possenhafte, kurze Komödie sehr beliebt, weil er vor allem volkstümlich, oft sehr derb und mitunter sogar zotenhaft war. Der Schwank dient, anders als die Komödie, nicht der Verspottung, ist nicht so heiter wie das Lustspiel und nicht so derb wie eine Posse oder eine Zote, sondern liefert leichten Humor, harmlose Heiterkeit ohne Problematik sowie unbeschwerte Fröhlichkeit. Trotzdem dienen Schwänke nicht allein der Unterhaltung, sondern wollen auch auch zum kritischen Nachdenken anregen.

Entstehung des Schwanks

Die Wurzeln des Schwanks lassen sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen. In dieser Zeit wurden sie oft in Form von mündlichen Geschichten erzählt und später in Form von Theaterstücken, die vor allem in der Commedia dell’arte und in der deutschen Fastnachtstradition populär wurden.

Merkmale eines Schwanks

Da es sich beim Schwank um einen erzählenden Text handelt, gehört er zur literarischen Gattung der Epik. Wie jede literarische Textsorte, so weist auch der Schwank bestimmte Merkmale auf, die ihn als Schank identifizieren. Zu diesen Merkmalen gehören: 

  1. Humor
  2. Übertreibung
  3. Einfache Handlung
  4. Wendepunkt
  5. Stereotype Charaktere
  6. Moralische Botschaft

Darüber hinaus zeichnen sich Schwänke durch einen geradlinigen Erzählstil aus. Sie bestehen meist aus einer Einleitung an die sich der Konflikt und die überraschende oder komische Auflösung anschließt. Diese simple Gliederung trägt zur Effektivität der Pointe bei und macht den Schwank gut geeignet für kurzweilige Unterhaltung sind.

Humor

Der zentrale Aspekt eines Schwanks ist der Humor. Die Geschichten sind oft witzig und enthalten komische Missverständnisse, Wortspiele oder absurde Situationen. Schwänke sind oft mit einem scharfen Witz und einer ironischen Sichtweise auf menschliches Verhalten versehen.

Übertreibung

Charaktere und Handlungen sind in Schwänken meist übertrieben dargestellt. Dies verstärkt den komischen Effekt und macht die Geschichten unterhaltsamer.

Einfache Handlung

Schwänke haben in der Regel eine einfache, leicht nachvollziehbare Handlung. Oft geht es um alltägliche Situationen, die durch die komischen Elemente eine besondere Wendung nehmen und die Schwächen und Dummheiten der Menschen aufzeigen.

Wendepunkt

Schwänke haben einen Wendepunkt, der auch dessen Pointe bildet. Er kommt meistens überraschend und trägt so zu der Absurdität der Handlung bei.

Stereotype Charaktere

Die Figuren in einem Schwank sind oft stereotype Charaktere, wie der schlaue Bauer, der geizige Kaufmann oder die listige Frau. Diese Typisierungen helfen, die Handlung schnell zu entwickeln und den Humor zu verstärken, denn Stereotype und Klischees lassen sich besonders leicht übertrieben darstellen.

Moralische Botschaft

Am Ende eines Schwanks steht oft eine lehrreiche Pointe, die den Zuhörer oder die Zuhörerin zum Nachdenken anregen soll.

Beispiele für berühmte Schwänke

Einer der bekanntesten Schwänke ist Till Eulenspiegel. Der berühmte Schwankroman entstand in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und dreht sich um die legendäre Figur des Till Eulenspiegel. Sie gilt als ein Symbol für den listigen und schelmischen Menschen, der gesellschaftliche Normen hinterfragt und sich oft über die Mächtigen lustig macht. Der Roman ist in verschiedenen Ausgaben überliefert, wobei die bekannteste vermutlich die von Hans Folz aus dem Jahr 1515 ist.

Die Geschichten um Till Eulenspiegel sind voll von humorvollen Streichen und cleveren Einfällen, oft auf Kosten von Menschen in Machtpositionen oder solchen, die sich für besonders klug halten. Der Schwankroman spielt mit den Themen von Narrenfreiheit, Ironie und der Kritik an gesellschaftlichen Konventionen. Eulenspiegel agiert als eine Art Anti-Held, der durch seinen schelmischen Humor und seine List die Absurditäten des Lebens und der sozialen Ordnung aufdeckt.

Weitere bekannte Schwänke:

SchwankInhalt
Die Fliege von Wilhelm Buchhumorvolle Darstellung eines Konflikts zwischen einem Menschen und einer Fliege
Die Raben von Johann Peter Hebelhandelt von einem Missverständnis und den Auswirkungen von Gerüchten
Der Streit der beiden GalgenEin klassischer Schwank aus dem deutschen Mittelalter, der sich humorvoll mit der Frage beschäftigt, welcher Galgen der bessere ist.
Der Schwank vom alten Mann und dem jungen MädchenIn diesem Schwank geht es oft um die Intrigen und Missgeschicke eines alten Mannes, der unerwartet in humorvolle und peinliche Situationen mit einer jungen Frau gerät.

Übrigens: In der modernen Literatur und im Fernsehen finden sich viele Elemente des Schwanks in Sitcoms, Comedy-Formaten und humoristischen Erzählungen. Diese Neuinterpretationen behalten häufig die Grundzüge des klassischen Schwanks bei, integrieren aber moderne Themen und Sprache, um ein zeitgenössisches Publikum anzusprechen.

Unterschiede zu anderen Textsorten

Wie ihr bereits eingangs in der Definition gelesen habt, gibt es einige Textformen, von denen sich der Schwank mal mehr, mal weniger deutlich abgrenzen lässt, etwa die Posse. Es gibt noch weitere Textsorten, die Ähnlichkeiten zum Schwank aufweisen. Zu ihnen gehören Posse, Zote, Lustspiel, Farce, Fazette, Humoreske und die Klamotte.

Die Posse

Die Posse ist eine Form des komischen Theaters, die in der Regel aus mehreren Szenen besteht und oft eine lockere, unbeschwerte Handlung hat. Sie kombiniert Dialoge, Musik und Tanz und ist spöttisch und satirisch angelegt. Sie spielt mit Klischees und ist besonders in der Zeit der Aufklärung und des Biedermeier populär gewesen.

Die Zote

Eine Zote ist ein derber, oft obszöner Witz oder Scherz. Sie zielt darauf ab, durch anstößige Inhalte zu unterhalten und ist oft von grobem Humor geprägt. Zoten können in verschiedenen Formen auftreten, etwa in Witzen, Gedichten oder Geschichten, und zeichnen sich häufig durch eine direkte Ansprache an die Bedürfnisse oder Abneigungen des Publikums aus.

Das Lustspiel

Ein Lustspiel ist in der Regel eine ernsthaftere Form der Komödie, bei der die Handlung meist komplexer ist und mehr Wert auf Dialogwitz und Charakterentwicklung gelegt wird. Lustspiele haben oft romantische Verwicklungen und zielen darauf ab, die menschlichen Beziehungen humorvoll zu beleuchten. Sie beinhalten häufig auch Elemente der Verkleidung oder Verstellung, was oft zu komischen Missverständnissen führt.

Die Farce

Die Farce ist eine extrem überdrehte und oft slapstickartige Komödie, die sich auf absurde Situationen und übertriebenes Verhalten stützt. In einer Farce sind die Charaktere oft Klischees oder stereotype Figuren (z.B. der schüchterne Liebhaber, der eifersüchtige Ehemann) und die Handlung ist in der Regel sehr schnelllebig und voller komischer Missverständnisse. Typische Merkmale sind physische Comedy, Keilereien, übertriebene Emotionen und schnelle Tempowechsel.

Die Fazette

Eine Fazette ist ein kurzer, oft pointierter Text, der typischerweise in Zeitungen oder Zeitschriften veröffentlicht wird. Sie ist inhaltlich meist auf politische, gesellschaftliche oder kulturelle Themen ausgerichtet und zeichnet sich durch eine subjektive Perspektive des Autors aus. Fazetten nutzen oft einen ironischen oder humorvollen Ton, um ihre Botschaften zu vermitteln.

Die Humoreske

Eine Humoreske ist eine literarische oder musikalische Form, die meist humorvoll oder verspielt ist. In der Literatur wird sie oft als kurze Erzählung oder Skizze verstanden, die eine amüsante oder bizarre Situation darstellt. In der Musik bezeichnet der Begriff ein leichtes, unterhaltsames Stück, das oft eine heitere Stimmung vermittelt.

Die Klamotte

Der Begriff Klamotte wird häufig verwendet, um etwas als trivial, belanglos oder von niedriger Qualität zu kennzeichnen. In der Literatur oder im Theater bezieht sich diese Bezeichnung auf Komödien oder Szenen, die durch slapstickartige, übertriebene oder absurde Elemente gekennzeichnet sind. Es kann sich dabei auch um eine Art von Unterhaltung handeln, die nicht ernst genommen wird und eher zur Belustigung dient.

TextsorteErklärung
Schwankkurze, humorvolle und volkstümliche  Erzählung, die auf einfachen Situationen und alltäglichen Missgeschicken basiert und am Ende meist eine Pointe oder überraschende Wendung hat.
Possespöttisch und satirisch angelegt,
Zoteanstößige Inhalte mit derbem Humor
LustspielForm der Komödie, die Wert auf Dialogwitz und Charakterentwicklung legt und oft von romantischen Verstrickungen handelt
Farceüberdrehte und oft slapstickartige Komödie, die sich auf absurde Situationen und übertriebenes Verhalten stützt
Fazettemeist auf politische, gesellschaftliche oder kulturelle Themen ausgerichtet, mit ironischem oder humorvollem Ton
Humoreskekurze Erzählung, die eine amüsante oder bizarre Situation darstellt
Klamottedurch slapstickartige, übertriebene oder absurde Elemente

Sonderform: die Schwankmärchen

Eine Sonderform des Schwanks und gleichzeitig eine Unterkategorie der Textsorte Märchen ist das Schwankmärchen. Das Schwankmärchen ist eine besondere Form des Erzählens, das sowohl Elemente aus Schwänken als auch aus Märchen vereint. 

Diese Erzählform hat ihren Ursprung in der mündlichen Überlieferung und ist vor allem in der deutschen Literatur des Mittelalters und der frühen Neuzeit verbreitet. Um das Konzept des Schwankmärchens besser zu verstehen, ist es hilfreich, zusätzlich zu den Merkmalen des Schwanks auch die des Märchens zu betrachten, um zu verstehen, wie sie in dieser Mischform zusammenkommen.

Merkmale des Märchens

Märchen sind fantastische Erzählungen, die sich durch folgende Merkmale auszeichnen:

  • Fantastische Elemente: Märchen enthalten oft magische Wesen, übernatürliche Ereignisse und fantastische Orte.
  • Einfache Struktur: Sie folgen meist einer klaren Struktur mit Einleitung, Hauptteil und Schluss, oft in Form von Wiederholungen.
  • Moralische Lehre: Auch Märchen vermitteln häufig eine moralische Botschaft, die Zuhörende oder Lesende ermutigt, Tugenden wie Mut, Freundlichkeit oder Gerechtigkeit zu schätzen.
  • Zeit- und Ortlosigkeit: Märchen spielen oft in einer unbestimmten Zeit und an einem unbestimmten Ort, was ihnen eine universelle Gültigkeit verleiht.

Die Verbindung im Schwankmärchen

Ein Schwankmärchen kombiniert die humorvollen und oft satirischen Elemente des Schwanks mit den fantastischen und lehrreichen Aspekten des Märchens. Hier sind einige der zentralen Merkmale, die in einem Schwankmärchen zu finden sind:

  1. Humorvolle Fantasie: Schwankmärchen nutzen oft humorvolle und absurde Situationen, die in einer fantastischen Welt angesiedelt sind. Dies führt zu einer amüsanten Erzählweise, die sowohl unterhält als auch zum Schmunzeln anregt.
  2. Typisierte Charaktere in fantastischen Kontexten: Die Charaktere sind häufig stereotype Figuren, die in märchenhaften Szenarien agieren. Zum Beispiel könnte ein schlauer Bauer in einem Märchen mit einem Zauberer oder einem sprechenden Tier interagieren.
  3. Moralische Lehren mit einem Augenzwinkern: Wie in Märchen gibt es auch in Schwankmärchen oft eine moralische Botschaft, die jedoch auf humorvolle Weise vermittelt wird. Die Lehre ist nicht nur ernst, sondern wird durch witzige Wendungen und unerwartete Lösungen aufgelockert.
  4. Einfache, aber fesselnde Struktur: Schwankmärchen folgen einer klaren Erzählstruktur, die es dem Zuhörer ermöglicht, der Handlung leicht zu folgen, während sie gleichzeitig durch unerwartete Wendungen überrascht wird.

Insgesamt sind Schwankmärchen also eine sehr unterhaltsame Art des Märchens, das Elemente aus Märchen und Schwank miteinander vereint: den Humor und die Ironie des Schwanks sowie die Fantasie und die moralischen Lehren des Märchens. Durch diese Kombination aus zwei Textsorten bieten Schwankmärchen nicht nur Unterhaltung, sondern regen auch zum Nachdenken an und zeigen auf humorvolle Weise die Absurditäten des menschlichen Lebens auf.

Podcast-Tipp

Mehr über Schwankmärchen sowie wirklich lustige und absurde Beispiele für diese Textsorte hört ihr in unserem Podcast Märchenpott in den Folgen 34 „Schwank und Unsinnsmärchen“ und 35 „Von Spitzhacke, Hackebeil und einer Kampfente“ überall, wo es Podcasts gibt.

Weitere Schwänke in der Literatur

Nicht nur Schwank und Märchen verschmelzen in Form des Schwankmärchens zu einer literarischen Mischform. Auch in anderen Textsorten lassen sich schwankhafte Elemente finden. So handelt es sich bei Der Schimmelreiter von Theodor Storm zwar um eine tragische Novelle. In der Erzählung gibt es aber durchaus schwankhafte Momente, insbesondere in den Interaktionen zwischen den Charakteren. Diese humorvollen Elemente stehen im Gegensatz zu der ernsten Thematik und zeigen Storms Geschick, verschiedene literarische Stile zu verbinden.

Ähnlich berühmt wie der Narr Till Eulenspiegel ist Don Quijote. Die Romanfigur von Miguel de Cervantes erlebt zahlreiche schwankhafte Situationen, beruhend auf Missverständnissen und komischen Erlebnissen, die dadurch entstehen, dass Don Quijote sich einbildet, ein Ritter zu sein. Die satirische Darstellung der Ritterromantik ist zentral für die humorvolle Komponente des Werkes.

Diese Beispiele zeigen, wie Schwänke in verschiedenen literarischen Kontexten eingesetzt werden können, um Humor und Ironie auszudrücken, und wie durch die Kombination verschiedener literarischer Elemente eine bestimmte Wirkung erzielt werden kann.

Auf einen Blick: Was ist ein Schwank?

  • Ein Schwank ist eine kurze, humorvolle Erzählung oder Anekdote, die oft eine witzige oder satirische Pointe hat. Er zielt darauf ab, den Leser oder Zuhörer zum Lachen zu bringen.
  • Der Schwank hat seine Wurzeln in der mündlichen Überlieferung und ist eng mit der Volkstümlichkeit verbunden. Er entwickelte sich im Mittelalter und war ein beliebtes Element in der deutschen Literatur.
  • Schwänke behandeln häufig alltägliche Situationen, Missgeschicke oder soziale Konflikte. Sie spiegeln oft die menschlichen Schwächen und Absurditäten wider und bieten eine kritische, aber humorvolle Sicht auf das Leben.
  • Typischerweise folgt ein Schwank einer klaren Struktur, die aus einer Einleitung, einem Konflikt und einer überraschenden oder komischen Auflösung besteht. Diese Struktur trägt zur Effektivität der Pointe bei.
  • Der Schwank hat nicht nur die Literatur, sondern auch andere Kunstformen wie das Theater und die Filmkomödie beeinflusst. Er ist ein Vorläufer moderner humoristischer Erzählformen und ist bis heute relevant.
  • In Verbindung mit Märchen bildet er die Textsorte des Schwankmärchens. In ihr verschmelzen Elemente aus Schwank und Märchen miteinander. Bekannte Schwankmärchen sind zum Beispiel Hans im Glück oder Das tapfere Schneiderlein.

Bildnachweis: 5snake5, Kneitlingen – 75Pf. 1921 (2), als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons